Ein Bericht und Kommentar von Birgit Medlitsch.
Die Vorgeschichte: In einem Interview (Ö1 Morgenjournal, 20.3.2019) sagte Sarah Wiener: „Wir haben eine Landwirtschaft, wo man einfach Fläche subventioniert. Also jeder Hektar wird subventioniert, egal, was Du da machst, und wer’s hat, und ob er überhaupt Landwirt ist. Und natürlich bin ich dagegen.“
Diese Aussage ist falsch, wie unter anderem vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in einem Schreiben erklärt.
Diese Aussage ist falsch, wie unter anderem vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in einem Schreiben erklärt.
Das Märchen von der Landwirtschaft. Oder: Sarah Wiener und ihre Partner.
Sprechen wir über die Empfänger von Agrarförderungen, die „keine Bauern sind“. Sprechen wir über Sarah und ihre Landwirtschaft. Gut Kerkow. Das ist zwar ein landwirtschaftlicher Betrieb, aber – wer sind die Eigentümer? Sind das Landwirte? Wer sind die von Sarah Wiener immer im Zusammenhang mit Gut Kerkow und der Sarah Wiener Gruppe genannten Partner?
Es sind Investoren. Grosse Investoren. In einem Interview (erschienen im Kurier am 5.2.2016) sagte Sarah Wiener: „Leute mit Knete und Fonds sehen Boden als Wertanlage und treiben die Preise in die Höhe. Eine bedenkliche Entwicklung.“
Und auch der frühere Eigentümer von Gut Kerkow, Johannes Niedeggen (2013 tödlich verunglückt), war dieser Meinung. In einem Report von Deutschlandfunk Kultur im Jahr 2008 ist unter anderem über ihn zu lesen: „Was ihm nicht gefällt, ist der Einstieg von Finanzinvestoren in die Landwirtschaft“.
Bei Sarah Wieners Partner handelt es sich nicht nur um Personen, sondern auch um Gesellschaften (Ges.m.b.H.) und AGs. Rund um Sarah Wiener findet sich ein Firmengeflecht, bei dessen Betrachtung man sich schon fragt: ist das wirklich notwendig? Da gibt es einen Gutsbetrieb, der 800 Hektar bewirtschaftet. Er ist auf die Rinderzucht und die Vermarktung von Rindfleisch spezialisiert und verfügt über eine Biogas-Anlage und einen Ab-Hof-Verkauf mit Bioladen. Eine ganz simple Sache.
Und dann sieht man das Unternehmenskonstrukt rund um Gut Kerkow und fragt:
Was hat das mit Landwirtschaft zu tun?
Wenn man sich das so ansieht, dann könnte man meinen, mit all den Finanziers im Hintergrund könnte Sarah Wiener ganz locker auf Agrarsubventionen verzichten. Vor allem weil sie ja dagegen ist, dass diejenigen, die keine Landwirte sind, welche erhalten. Verzichten ist auch ganz einfach. Man muss ja keinen Mehrfachantrag einreichen. Niemand wird dazu gezwungen.
Werner Kogler (Die Grünen) verteidigt die Förderungen (2017: 316.867 Euro, 2016: 320.100 Euro) für den Hof von Sarah Wiener in der ZIB 2 am 17.3.2019 und meint „[…] Sie hat einen biologischen Hof, der mit Hofschlachtung – alles pico bello – sie haben die Bodenhaltung bei Tieren […] Das ist ja ein Kollektivgut. Sie müssen ja verstehen: das war in der ehemaligen DDR dort. Das ist dort ein kleiner oder mittlerer Betrieb. Das ist eine völlig andere Situation dort an der polnischen Grenze. Im übrigen haben sich das ja mehrere aufgeteilt, und sie hat einen Anteil von 20 Prozent.“
Also ich gehe schon davon aus, dass auf Gut Kerkow die Rinder und Schweine auf dem Boden gehalten werden, wie auf anderen Bauernhöfen auch. Was da an der polnischen Grenze – knapp 30 Jahre nach dem Fall der Mauer – grossartig anders sein soll als bei uns, weiss ich jetzt nicht. Und dass sich die Eigentümer von Gut Kerkow die Agrarsubventionen aufgeteilt und quasi nach Hause genommen haben sollen, kann ich mir auch nicht vorstellen.
Aber wenn eine „kollektive Landwirtschaft à la Werner Kogler“ so aussieht wie jene von Gut Kerkow (siehe Graphik), dann haben die Grünen vielleicht ein kleines ideologisches Problem.
Übrigens: die Mitarbeiter sollen – laut telephonischer Nachfrage am Gut – nicht beteiligt sein.
Agrarland entwickelt sich immer mehr zu einer sehr attraktiven Anlageform für Investoren und Großkonzerne. Der Ausverkauf der Landwirtschaft läuft bereits über Jahrzehnte. Vor allem im ehemaligen Ostdeutschland wurden nach der Wende Agrarflächen zu Anlagezwecken von finanzstarken Unternehmen erworben.
Nun fällt einem in diesem Firmengeflecht ein Name immer wieder auf: Jochen (Thomas) Beutgen (geb. Becker). Er ist immer „mit dabei“. Zumeist als Gesellschafter, Geschäftsführer, manchmal auch als Prokurist oder in anderer Funktion. Man muss nicht lange recherchieren, um ihn in vielen Unternehmen, hauptsächlich im Immobilien- und Beteiligungsbereich, in unterschiedlichen Funktionen zu finden. Einige Beispiele sind: Becker Vermögensverwaltung KG, Berlin Bioinvest GmbH, Dirk Buddensiek Holding GmbH, Social Enterprise Holding Berlin AG und Trafo Investment GmbH.
Bis 2018 war Jochen Beutgen persönlich haftender Gesellschafter in der damaligen Gut Kerkow Landwirtschaftsbetrieb KG. Dann wurde die Gut Kerkow Verwaltungs-GmbH als 100%-ige Tochter der Gut Kerkow Landwirtschaftsbetrieb GmbH & Co.KG gegründet. Und die neu gegründete Gut Kerkow Verwaltungs-GmbH wurde Komplementärin des Mutterunternehmens. Wozu das gut sein soll? Das kann jeder für sich interpretieren.
Angesichts der sehr interessanten Unternehmens- und Beteiligungskonstellationen rund um Sarah Wiener und Gut Kerkow muss man sich fragen, mit wem und womit man es zu tun hat. Und wer hat hier eigentlich das Sagen?
Ich freue mich auf viele Kommentare, Herzerln, und natürlich wenn Sie meinen Blog teilen.
Hier geht’s zu den anderen Märchen:
Märchen Nummer 1 Das Märchen von den Agrarsubventionen. Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten schreibt „Die zitierte Aussage on Frau Sarah Wiener […] ist schlichtweg falsch.“
Märchen Nummer 3 Das Märchen von der Visionärin. Oder: Johannes Niedeggen – der wahre Visionär auf Gut Kerkow.
Märchen Nummer 4 Das Märchen von der Bio-Bäuerin, die keine Bank braucht.
Märchen Nummer 5 Das Märchen von der erfolgreichen Geschäftsfrau. Oder: Was ist Erfolg?
Die Grünen haben und hatten sowieso schon immer „eines oder mehrere ideologische Probleme“. und ich hoffe sehr stark, dass die Menschen bei Vernunft bleiben, und diese verrückte Partei nicht mehr gewählt wird.
Wer hat (hatte, angesichts der Insolvenz zumindest der Gastronomiesparte?) das Sagen? Nun, viele Spuren führen zu Thomas Heilmann, ehemaliger Berliner Justizsenator und nun Bundestagsabgeordneter, außerdem Vorsitzender der CDu in Berlin-Steglitz-Zehlendorf.